Die machtvolle Methode der Familienaufstellung
„Das Leben ist kein Ponyhof.“ haben unsere Lehrer oder Eltern zu uns gesagt und meinten damit, dass sich das Leben oft nicht so gestaltet, wie man es sich vorstellt, sondern seinen ganz eigenen Weg nimmt. Ob das gut ist oder wofür das gut ist, darüber gibt es verschiedene religiöse Vorstellungen.
Das Konzept der Familienaufstellung geht davon aus, dass ein kleiner Teil der als schmerzhaft empfundenen Lebensinhalte tatsächlich der eigenen Weiterentwicklung dient. Dieser Teil wird als das ‘eigene Päckchen’ bezeichnet und es gilt diese Aspekte des Lebens anzunehmen.
Andere, große oder wiederkehrende Probleme können auch fremde Päckchen sein, die es zu lösen und zurückzugeben gilt. Darum geht es in der Familienaufstellung – die eigentlichen Inhaber dieser fremden Päckchen ausfindig zu machen und sie durch Integration, Befriedung, Aussöhnung in eine harmonische Position zu bringen und ihnen die Zuständigkeit für ihr Thema zurückzugeben.
Anders als bei der Familientherapie handelt es sich bei der Familienaufstellung um eine Arbeit auf der Seelenebene. Daran können die Seelen der Familienmitglieder und durch das Schicksal mit ihnen verknüpfter Personen teilnehmen – unabhängig davon, ob diese Menschen noch leben oder schon verstorben sind. Tatsächlich geht es sehr oft um ungelöste Schicksale von Personen aus der (Ur-ur-…)Großeltern-Generation.
Die Idee ist, dass jedem Familienmitglied ein bestimmter Platz im Familiensystem zusteht, dass er dort Anerkennung und Würdigung seines Schicksals erfahren soll.
Ist das nicht gegeben, dann sorgt ein Nachfahre dafür, dass auf diesen Nichtbeachteten hingewiesen wird. Das geschieht unbewusst und durch unterschiedliche Probleme wie Krankheiten, Misserfolge im Beruf oder in der Liebe, folgenschwere Fehlentscheidungen, Streit, Unfälle und anderes mehr.
Die meisten dieser Probleme können sich durch das Ordnen und Aussöhnen auf der Seelenebene dauerhaft lösen.
Beispiele:
Eine große Liebe erblüht 1939 zwischen Erika und Willi. Auf die sehr kurze Phase des Glücks folgt Willis Einzugsbefehl an die Ostfront. Anfangs gibt es noch Fronturlaub, die beiden sehen sich wieder, es entsteht ein Kind, doch die Ehe muss per Fernhochzeit geschlossen werden, weil Willi wieder an der Front ist. Noch einmal kommt er heim und hält seine Tochter Elfriede im Arm. Danach entkommt er der Hölle an der Ostfront nicht mehr. Die junge Mutter und Witwe kann seinen Tod nicht akzeptieren, hält die Trauer nicht aus. Sie bringt mit Mühe sich und ihre Tochter durch. In dieser und den folgenden Generationen ist es nicht mehr möglich, sich auf die große Liebe einzulassen.
Hier kann bei einer Familienaufstellung die nicht vollzogene Trauer nachgeholt und das nicht mehr Gesagte noch ausgesprochen werden. Sobald in dieser Generation die Unglücklichen im Frieden sind und jeder an seinem Platz anerkannt wurde, kann auch in der bis dahin gehemmten Generation die Liebe zugelassen werden.
Ein junges Mädchen wird nach einem Partyabend schwanger. Sie geht noch zur Schule und die Eltern entscheiden mit ihr, dass sie das Kind nicht behält.
Mit 25 heiratet sie und bekommt einen Sohn und dann noch eine Tochter. Die beiden Kinder bekämpfen sich aufs Ärgste. In der Aufstellung wird deutlich, dass sie das dritte Kind vermissen. Wird es mit einem Namen bedacht und ihm der Platz des Ältesten der Geschwister zugeordnet, kommen auch die beiden jüngeren zur Ruhe. Dass Mutter und Vater das Kind um Vergebung bitten, gehört ebenfalls zum Heilungsprozess.
Eine Frau kommt mit dem Problem der Nikotinsucht zur Aufstellung. Sie hat schon viele Anläufe hinter sich, die Zigaretten aus ihrem Leben zu verbannen, aber es gelingt ihr nicht.
Hinter dieser Problematik verbarg sich in diesem Fall der Hinweis auf den leiblichen Vater, der vor der Geburt seiner Tochter ermordet und von der Mutter verleugnet worden war. Durch die Anerkennung des Vaters und der Schuld der Mutter braucht nicht mehr auf ihn aufmerksam gemacht zu werden und die Raucherin findet einen Weg, der Raucherei ein Ende zu setzen und sogar die gesundheitlichen Folgen zu heilen.
Eine junge Frau leidet an Morbus Crohn. Bei der Aufstellung stellt sich heraus, dass sie mit 10 Jahren ihre Mutter verloren hat – ebenfalls durch Morbus Crohn. Das ist erblich, sagen viele dazu. Nein, sagen wir, das ist systemisch. Die Tochter stirbt der Mutter aus ‘kindlicher Treue’ hinterher. Offensichtlich zog sich das Muster schon durch einige Generationen. Immer starben die Mütter, wenn die Kinder noch klein waren. Alle früh gestorbenen Mütter wurden aufgestellt, nachträglich betrauert und in ihrem schweren Schicksal gewürdigt. Die Wiederholung dieser tragischen Schicksale konnte so unterbrochen werden und die junge Frau konnte in den Jahren nach dieser Aufstellung die Krankheit besiegen.
Zum Ablauf einer Familienaufstellung
Eine Familienaufstellung ist kein Rollenspiel, auch wenn es von außen so erscheinen könnte. Nach einer Vorstellungs- und Einstimmungsrunde schildert der erste Klient sehr kurz sein Problem und benennt die gewünschte Veränderung.
Nun beginnt der diagnostische Teil der Aufstellung. Der Klient wählt einen Vertreter für sich und meist noch ein oder zwei andere Vertreter, die für Aspekte des Problems stehen. Dann beginnt der Teil der Aufstellung, der sich naturwissenschaftlich nicht erklären lässt. Alle Stellvertreter fühlen sich in ihre Rollen ein, sie werden ohne eigenes Zutun Medien der Seelen der Familienmitglieder. Sie spüren das daran, dass sie andere Empfindungen haben als es sonst für sie typisch ist. Diese Empfindungen teilen sie dem Aufstellungsleiter mit und beschreiben auch die Beziehungen zueinander. Dabei erkennen meist alle Teilnehmer das Problem des Aufstellungsthemas wieder. Der Aufstellungsleiter versucht dann – oft durch Hinzunehmen weiterer Familienmitglieder – der Ursprungssituation des Problems näher zu kommen. Dabei sind die Eingebungen der Vertreter oft hilfreiche Hinweise.
Ist die Situation erkannt, in der das Problem einst entstand, bietet der Aufstellungsleiter Lösungsanordnungen und -sätze an, die oftmals spontan erkennbare Entspannung in das System bringen. Auch die Vertreter können ihre Impulse äußern. In mehreren Schritten nähert man sich einer Aussöhnungssituation oder zumindest einer Befriedung oder Anerkennung. In den meisten Fällen gibt es am Ende ein Lösungsbild.
Der Klient hat selber nicht an der Aufstellung teilgenommen. Er beobachtet alle Schritte aufmerksam und prägt sich die Lösungssituation ein. Evtl. macht er sich als Gedankenstütze nach der Aufstellung eine Skizze zum Lösungsbild und notiert wichtige Lösungssätze.
Wir empfehlen, sich die Lösungssituation in den folgenden Wochen vorzugsweise abends beim Einschlafen oder morgens beim Aufwachen, aber gerne auch in anderen entspannten Momenten noch mal vor das innere Auge zu holen und damit die Lösung zu festigen.
Die Methode der Familienaufstellung wurde von Bert Hellinger (*1925, Psychoanalytiker) in 90er Jahren entwickelt und stellt eine Sonderform der Psychotherapie dar.
Die Methode wurde von seinen Schülern in unterschiedlicher Weise weiterentwickelt. Wir haben bei vier seiner Schüler seit 2000 mehr als 30 Seminare besucht und von deren Vorgehensweise viel übernommen.
Seit 2014 führen wir eigene Veranstaltungen im Familienaufstellen durch.
Dabei haben wir einige Elemente nach unserer Erfahrung hinzugefügt oder weiterentwickelt.
Genaueres zu unseren Erfahrungen lesen Sie unter “über Esther” und “über Thomas”.